Geschichte
Die Orte Schierau, Priorau und Möst tragen slawische Namen und sind dem archäologischen Befund nach in der Slawenzeit gegründet worden. Slawische und frühdeutsche Burgenanlagen bei Schierau und Möst bezeugen ein altes Machtzentrum im Bereich dieser Orte.
Bei einem solchen Machtzentrum befand sich immer eine Opferstätte für die Lokalgottheit (Die Sage von der Alten unter der Petersbrücke). Im Zuge der Christianisierung wurden solche heiligen Bezirke zerstört. Waren sie besonders bedeutsam, wurde an ihrer Stelle eine Kapelle gebaut. Die Ortskirche wurde in der Regel innerhalb des Ortsverbandes errichtet. Schierau aber hatte eine Kapelle, die nicht nahe beim Ort stand. Am 10. August 1457 erteilte der Erzbischof von Magdeburg die Erlaubnis, die Kapelle bei Schierau wegen Entlegenheit abzubrechen und nahe beim Dorf wieder aufzubauen.
Die Schierauer Kirche steht seit ca. 1460 und hat später einen Turm mit Renaissancegiebeln und einer vierseitigen Laterne mit Zwiebelspitze erhalten. Die Turmostwand besteht aus Fachwerk.
Ob das Kirchenschiff damals aus Holz gebaut war, ließ sich bis jetzt noch nicht ermitteln. Während des dreißigjährigen Krieges ereignete sich im Jahre 1636 die Zerstörung und Plünderung der Schierauer Kirche durch die Soldaten. Das bestätigt der Bericht über den silbernen Kelch.
Der Wiederaufbau der Kirche erfolgte 1668, die letzten Restaurierungen 1907 und 2002.
Seit dem späten 18. Jahrhundert befand sich eine neue Orgel in der Kirche. Die alte Orgel wurde über ein Inserat am 01.03.1783 im „Anhalter Anzeiger“ mit folgendem Wortlaut zum Kauf angeboten:
„In Schierau steht eine große Orgel zu verkaufen; Kauflustige können sich beim dasigen Schulmeister melden oder beim Orgelbauer Zoberbier; allhier (Dessau) Nachricht erhalten.“
Die Kirchenstuhlangelegenheiten waren in Schierau wie folgt geordnet:
Die Gutsleute benutzten die Stühle im Anbau an der südlichen Seite, der Förster mit seiner Familie die Stühle im Anbau an der nördlichen Seite. Der Kirchenchor und die Kirchenältesten sowie die Familie des Küsters verfügten über besondere Sitze. Ansonsten saßen die Männer vor dem Altar, Junggesellen hinter der Kanzel und die Frauen in dem Kirchenschiff. Neuzugezogene fanden stets Platz, da die Kirche geräumig war.
Im Inneren des Kirchenschiffs waren an der Ostwand vier Grabplatten aus Sandstein mit figürlichen Darstellungen eingelassen, die heute an der Westwand stehen:
Die Grabplatte auf der linken Seite ist inschriftlich aus dem Jahre 1539 und zeigt die Frau des Wolf aus dem Winkel, Elisabeth von Schaderitz aus Gröbzig.
Auf der zweiten Grabplatte ist das Bild der Katharina von Reppichau, aus dem Hause Altjeßnitz dargestellt. Sie war verheiratet mit Hans aus dem Winkel. Sohn von Wolf aus dem Winkel und Elisabeth von Schaderitz. Katharina starb am 10. oder 16. Januar 1577.
Die dritte Grabplatte stellt Katharinas Mutter dar, Mechthild (?) aus dem Hause Altjeßnitz, geborene von Zanthier. Sie starb am 12. oder 21. Oktober 1576.
Auf dem vierten Grabstein mit der Darstellung einer Frau, der 1562 hergestellt worden ist, sind fünf Wappen, einer davon mit einem Fisch. Das größte Wappen ist das der Familie Pose.
Heute ist nur eine Glocke erhalten. Bis zum letzten Krieg gab es noch drei:
Die Glocke von 0,58 m Durchmesser hatte oben drei Reifen, war jedoch ohne Schmuck und Schrift. Sie gehörte sicher in das 15. Jahrhundert.
Die von 1,0 m Durchmesser hatte oben diese Schrift:
GOTTES WORT BLEIWET EWIG ECKART KUCHER VON ERFORT
GOS MICH IN CONNERN M . D . L . XXXXIII
Die Glocke von 0,75 m Durchmesser hatte oben diese Schrift:
GOTT LASS DEINEN SEGEN AUF SCHIERAU RUHN !
An ihr steht einerseits:
Gegossen von Gebrüder Ulrich zu Apolda und Laucha 1856
andererseits:
Zur Eintracht zu herzinnigem Vereine
Versammle sie die liebende Gemeine.
Seit der Reformation und den ersten durchgeführten Kirchenvisitationen im kirchlichen Verwaltungsbezirk Bitterfeld im Jahre 1531 gehörte die Kirche Schierau zur Parochie Priorau.
Möst ist seit dieser Zeit in Schierau eingepfarrt. Nach sehr vielen Streitigkeiten wird im Jahre 1856 das anhaltische Niesau durch Rezeß lautend auf gegenseitige Kündigung in Schierau eingepfarrt, ohne jedoch andere Rechte und Pflichten zu haben, als die einer Gastgemeinde.
Patron der Kirche waren immer die Besitzer des Rittergutes.
Gottesdienste fanden sonntags in beiden Kirchen, in Priorau und Schierau, statt.
Der Frühgottesdienst begann im Sommer um 7 bzw. 10 Uhr, im Winterhalbjahr um 8 und ½ 11 Uhr, und so, dass alle 14 Tage jede Kirchengemeinde Früh- und Spätgottesdienst hatte.
Der Schierauer Lehrer übte das Kantoramt aus, war Organist und Küster. Das blieb so, bis zur endgültigen Trennung der Schule von der Kirche im Jahre 1940.
Die Schierauer Kirche konnte seit dem Jahr 1974 nicht mehr genutzt werden.
Mit der Einweihung des sanierten Kirchturms und der gesicherten Mauern des Kirchenschiffes fand im Jahre 2002 der erste Gottesdienst seit 1974 in Schierau statt.
geschrieben von Eva Steiger